Das öffentliche Spitalangebot wird im Kanton Freiburg Jahr für Jahr reduziert: Schliessung der Geburtsabteilung in Châtel-Saint-Denis (2000), dann des Standorts (2012); Schliessung der Notfallstation in Billens (2001); Schliessung der Geburtsabteilung in Riaz (2013); Schliessung der Operationssäle in Riaz und Tafers während der Nacht und an den Wochenenden (2020); Schliessung der Notfallstationen in Riaz und Tafers (2020); Schliessung des Standorts Billens (2022). Die «Strategie 2030» des Freiburger Spitals (HFR) wird diesen Abbau beschleunigen, indem periphere Standorte aufgelöst und in «Gesundheitszentren» umgewandelt werden.
1. Die Notaufnahme als Eingangstor zum öffentlichen Spital
Vor einigen Jahren florierten die Standorte Riaz und Tafers. Die Bettenbelegung war gut, und die Bevölkerung schätzte ihr regionales Spital. Die 24-Stunden-Notfallstation war ein echtes Tor zum HFR. Das Vorhandensein von Anästhesisten vor Ort bot Sicherheit für die Erstversorgung, und die chirurgische Tätigkeit ermöglichte die Behandlung kleinerer Verletzungen. Da es an den Standorten Riaz und Tafers keine Notaufnahmen gibt, müssen die Patientinnen und Patienten in andere Einrichtungen gebracht werden. Im Jahr 2018 wurden 28% der Patientinnen und Patienten in einem anderen Kanton hospitalisiert (siehe unten) !
2. Chronische Überlastung
Freiburg verzeichnet seit vielen Jahren ein sehr starkes demografisches Wachstum. Seit 2015 hat sich das Tempo verlangsamt, aber die Bevölkerung wächst weiter, und zwar stärker als im Landesdurchschnitt. Die Notaufnahme des Kantonsspitals ist stark überlastet und das Personal erschöpft, so dass manchmal auf private Strukturen zurückgegriffen werden muss. Auch der Operationssaal des Kantonsspitals, der die chirurgische Tätigkeit von Riaz und Tafers aufnehmen muss, ist überlastet.
3. Ein Angebot, das den Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohnern entspricht
Der Süden des Kantons entspricht einer Bevölkerung von 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die kontinuierlich weiterwächst. Wie kann unter diesen Umständen die Schliessung der Notaufnahme während der Nacht gerechtfertigt werden ? Das Gleiche gilt für den deutschsprachigen Teil des Kantons: die Zweisprachigkeit wird gepriesen, doch bald wird es in diesem Teil keine Spitalleistungen mehr geben.
Entwicklung der Kosten für ausserkantonale Hospitalisierungen, in Millionen Franken/Jahr

Warum die Kürzung der öffentlichen Leistungen ?
Der Staat Freiburg verfolgt trotz gesunder öffentlicher Finanzen eine Politik der finanziellen Zurückhaltung: Ende 2020 betrug das Vermögen des Staates Freiburg mehr als 750 Millionen Franken, während die meisten öffentlichen Körperschaften verschuldet sind. Das Gesetz über die Krankenversicherung (KVG) ermöglicht jedoch eine stärkere öffentliche Finanzierung durch gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL). Diese öffentlichen Mittel sind jedoch zwischen dem Zeitraum 2012 bis 2014 und 2019 deutlich zurückgegangen !

Die Lehre von Covid-19
Die Covid-19-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, bürgernahe Spitaleinrichtungen aufrechtzuerhalten. Es gibt nichts Schlimmeres als die Schliessung von Spitälern inmitten einer Pandemie! Franco Cavalli, ein renommierter Tessiner Onkologe, meint: «Eine der Konsequenzen dieser Pandemie ist, dass wir das technokratische Gerede über die Verringerung der Zahl der Spitäler vergessen müssen (...). Im Tessin, wo der Anteil der vom Virus betroffenen Personen ähnlich hoch war wie in der Lombardei, war es ebenfalls entscheidend, über vier leistungsfähige öffentliche Spitäler zu verfügen».
Operationssäle: unzureichende kritische Masse ?
Die Standorte Riaz und Tafers würden nicht genügend Operationen durchführen, um akkreditiert zu werden. Die Situation lässt sich umkehren: Die Zahl der Operationen ist unzureichend, weil keine Patientinnen und Patienten in diese Einrichtungen geschickt werden ! Um die Operationssäle in Riaz und Tafers wieder in Betrieb zu nehmen, wird ein Chirurgie- und Anästhesieteam benötigt. Das hat einen Vorteil: Es garantiert Sicherheit für eine 24-Stunden-Notaufnahme. Auch die Anästhesie vor Ort ist ein Sicherheitsfaktor. Heute muss man im Falle einer nächtlichen Wiederbelebung die Nummer 144 anrufen, was 20 Minuten kostbare Zeit kostet.
Private Kliniken
Wenn das öffentliche Spital desinvestiert, übernimmt der private Sektor den «Markt». Wir erleben eine Blüte der privaten Strukturen: PMF in Fribourg, Bulle Santé, Affidea, die CIC-Klinik in Bulle, die Privatklinik in Epagny, die Poliklinik Galenus in Romont... Private Strukturen bedeuten auch Profitorientierung, Zweiklassen-Medizin, Fallselektion und Druck auf die Arbeitsbedingungen. Das Ziel eines privaten Spitals ist der Gewinn, genau das Gegenteil eines öffentlichen Spitals.
Notaufnahmen durch Ambulanzen ersetzen ?
Um die nächtliche Schliessung der Notaufnahme zu kompensieren, wird vorgeschlagen, die Rettungssanitätsdienste auszubauen. Eine Ambulanz wird jedoch niemals eine bürgernahe Notaufnahme ersetzen. Darüber hinaus ist das Rufen einer Ambulanz mit erheblichen Kosten verbunden, die vom Versicherten zu tragen sind. Schliesslich ist die Zahl der verfügbaren Ambulanzen begrenzt, ganz zu schweigen von der Lärmbelästigung und der Umweltverschmutzung.
Lokale Wirtschaft, Umwelt und Klima
Die Auflösung der peripheren Standorte hat negative Folgen für die lokale Wirtschaft: Blumenhändler, Kioske, Bäcker, Lieferdienste... Auch der Umweltaspekt muss einbezogen werden: Die Distanzen zu den Hauptspitälern werden zunehmen, was mehr Kilometer und damit mehr Umweltbelastung bedeutet. Diese grösseren Distanzen wirken sich auch auf den Familienkreis der Patientinnen und Patienten aus, vor allem bei Besuchen: die sozialen Kontakte nehmen daher ab.
Die Argumentation im PDF-Format